Prostatakrebs: Bluttest sagt Tumorresistenz vorher

Wenn Bakterien resistent werden, können Antibiotika nicht mehr gegen sie wirken. Auch Tumorzellen können sich so verändern, dass bestimmte Medikamente nicht mehr helfen. Für Krebspatienten und behandelnde Ärzte ist es deshalb wichtig, schon früh zu wissen, ob eine Therapie noch anschlägt oder nicht. Mit ihrem neuen Bluttest können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) jetzt für schwerkranke Prostatakrebs-Patienten diese Vorhersage treffen.

 

Neues Verfahren gibt Hinweis auf Therapieerfolg

Tumorzellen bei Prostatakrebs brauchen zum Wachsen das Hormon Testosteron. Sie haben dazu einen Rezeptor, an den das Hormon bindet und der dann der Zelle das Signal zum Wachsen und Teilen gibt. Ist ein Tumor groß und beginnt sich bereits im Körper auszubreiten, setzen Medikamente deshalb an diesem Punkt an: sie blockieren entweder den Rezeptor, so dass Testosteron nicht mehr binden kann oder sie hemmen die Testosteronbildung im Körper. Zwei der am häufigsten eingesetzten Medikamente sind Abirateron und Enzalutamid.

 

Auf der Suche nach resistenten Tumorzellen

Manche Tumorzellen aber entwickeln Resistenzen und wachsen trotz Therapie weiter. Der Grund hierfür ist, dass sich die Struktur des Rezeptors verändert hat: Die neue Variante gibt auch ohne Testosteron kontinuierlich das Signal zur Zellteilung. Der am häufigsten vorkommende so veränderte Rezeptor heißt AR-V7. „Wenn wir vorher wissen, ob ein Tumor Zellen mit diesem Rezeptor entwickelt hat, können wir frühzeitig individuell beraten – das kann schwerkranken Patienten eine unwirksame Therapie ersparen.“, erklärt Privat-Dozent Dr. Matthias Heck, Ko-Leiter der Studie und Facharzt für Urologie am Klinikum rechts der Isar der TUM.

Sein Team hat mit Kolleginnen und Kollegen um Dr. Dr. Christof Winter, Arzt und Bioinformatiker und Leiter der Arbeitsgruppe „Liquid Profiling und Bioinformatik“ am Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie der TUM, einen neuen Bluttest entwickelt. Dieser kann den veränderten Rezeptor AR-V7 frühzeitig, zuverlässig und günstig messen und so erkennen, ob der Tumor resistent gegen Abirateron und Enzalutamid ist. Bisherige Tests suchen nach Tumorzellen im Blut, indem sie bestimmte Oberflächenstrukturen auf den Zellen erkennen. Das ist zeitaufwändig und teuer, da spezielle Geräte notwendig sind. Fehlen den Zellen zudem die Oberflächenstrukturen, nach denen gesucht wird, findet der Test sie nicht.

 

Weitere Untersuchungen notwendig

„Wir konnten damit zeigen, dass wir eine zuverlässige Vorhersage treffen können, ob eine Resistenz gegenüber Abirateron oder Enzalutamid besteht“, erklärt Christof Winter. Im nächsten Schritt soll das Verfahren noch weiter verbessert und an einer größeren Patientengruppe mit bestehenden Tests verglichen werden. Damit wollen die Forscherinnen und Forscher klären, ob das Verfahren in der Zukunft als Routineuntersuchung einsetzbar ist.

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) durchgeführt. Christof Winter und Silvia Thöne gehören zu den Experten, die im DKTK die Weiterentwicklung von Flüssigbiopsien mit den onkologischen Spitzenzentren in Deutschland vorantreiben.

 

Originalpublikation

A. K. Seitz, S. Thöne, A. Bietenbeck, R. Nawroth, R. Tauber, M. Thalgott, S. Schmid, R. Secci, M. Retz, J. E. Gschwend, J. Ruland, C. Winter, M. M. Heck, AR-V7 in peripheral whole blood of castration-resistant prostate cancer patients: association with treatment-specific outcome under abiraterone and enzalutamide, European Urology, August 2017, DOI: 10.1016/j.eururo.2017.07.024
http://www.europeanurology.com/article/S0302-2838(17)30653-X/fulltext

 

Kontakt

PD Dr. med. Matthias M. Heck
Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Klinik für Urologie
Tel: +49 89 4140 2520
E-Mail

 

Dr. med. Dr. rer. nat. Christof Winter
Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie
Tel: +49 89 4140 4765
E-Mail